KINDERBUCH-ILLUSTRATION mit künstlicher Intelligenz
◊ Revolution oder Risiko?
Vor einigen Tagen habe ich zufällig einen kurzen Bericht im Fernsehen gesehen. Darin wurde relativ komprimiert darüber berichtet, dass der renommierte Oetinger Verlag ein Buch mit einem KI-generiertem Cover veröffentlicht hat. Diese Entscheidung brachte eine Debatte ins Rollen, die weit über die Branche hinausgeht. Denn sie berührt zentrale Fragen: Wie gehen wir mit der rasanten Entwicklung künstlicher Intelligenz um? Was bedeutet das für Künstlerinnen und Künstler? Und wie wollen wir die Bücher gestalten, mit denen Kinder aufwachsen?
Wir sehen also, dass wir, wenn wir Künstliche Intelligenz für unsere Cover nutzen, offensichtlich nichts Anrüchiges machen. Die Reaktionen der Buchbranche auf die Frage ob das so „richtig“ ist, sind sehr unterschiedlich. Wirklich verwunderlich ist dies nicht, gilt es doch Pfründe zu sichern. KünstlerInnen sehen ihre Zukunft gefährdet und Verlage haben offenbar die Sorge, dass künftig nicht mehr sie, die dazu in der Lage sind sehr viel Geld in die Illustrationen zu stecken, die Nase vorne haben werden.
Die Kontroverse: Mensch versus Maschine
Für viele Verlage ist klar: Kreativität und Kunst sind zutiefst menschlich. „Für uns steht der Mensch, die KünstlerInnen, immer im Mittelpunkt“, heißt es. Kinderbücher sind Tore zu einer Welt voller Staunen und Imagination, und es sind die Illustratoren, die diese Welten zum Leben erwecken. Eine renommierte Illustratorin beschreibt ihre Arbeit als emotionalen Prozess, bei dem Bauchgefühl, Licht und Stimmung zentrale Rollen spielen. Sie erschaffe ihre Bilder zwar digital, aber immer selbst – mit der Hand und mit Bedacht.
Doch in Zeiten, in denen KI innerhalb von Sekunden Bilder generiert, wird die Frage nach dem Wert menschlicher Kunst neu gestellt. Kann eine Maschine die Seele eines Buches einfangen? Oder bleibt sie ein Werkzeug, das bestenfalls ergänzt, aber niemals ersetzt?
Der Widerstand der Kreativen
Mit der Kampagne „Buch braucht Mensch“ positionieren sich aktuell IllustratorInnen und Illustratoren gegen den zunehmenden Einsatz von KI. Die Angst, ersetzt zu werden, ist nachvollziehbar und real – wie die von Korrektoren und Lektoren.
Doch zugleich gibt es Stimmen, die dazu aufrufen, sich der neuen Technologie nicht zu verschließen. Manche KünstlerInnen Ronit sehen KI als Erweiterung ihres kreativen Spektrums. Einige geben sogar zu, dass sie bereits Kinderbücher gestaltet haben, bei denen sie die KI als Werkzeug genutzt und anschließend nachbearbeitet haben – ganz so wie mancher von uns SelfPublishern.
Doch wird auch von diesen Leuten darauf hingewiesen und es als grundlegendes Problem bezeichnet, dass KI lernt, indem sie auf Bilder zugreift, die von Menschen geschaffen wurden – oft ohne deren Zustimmung. Das wirft ethische und rechtliche Fragen auf, oder? Haben diese KünstlerInnen ihre Fähigkeiten nicht auch auf der Basis von früheren Werken erworben?
Viele KünstlerInnen sind schockiert, wenn sie meinen zu entdecken, dass ihre Werke für das Training von KI-Programmen verwendet wurden. Ohne Zustimmung, ohne Vergütung. Der Ruf nach politischen Lösungen wird lauter. Eine Regulierung nach dem Vorbild der GEMA solle sicherstellen, dass Urheber entlohnt werden. Ein schwieriges Thema, dass vermutlich nicht im Sinne dieser Menschen gelöst werden wird. Ich kann mit jedenfalls nicht vorstellen, dass irgendein Maler, der in seinen Werken Ähnlichkeiten mit Werken großer Künstler aufweist bereit wäre, an dessen Rechtsnachfolger etwas abzugeben.
Einige Verlage wie Mixed Vision haben bereits KI-Leitlinien entwickelt, um künstlerische Arbeiten weiterhin vollständig menschlich zu gestalten. Gleichzeitig öffnen sie sich für den Einsatz von KI in administrativen Prozessen, um Kreativität zu fördern, anstatt sie zu ersetzen.
Die Zukunft: Symbiose oder Wettbewerb?
Bleibt festzustellen, dass KI den Buchmarkt grundlegend verändert. Immer mehr Menschen wie wir veröffentlichen Bücher ohne Verlag, und lassen sich oft in Wort und Bild von KI-Programmen helfen. Es liegt letztlich an den KundInnen, welche Bücher sie kaufen. Werden sie KI-Bilder akzeptieren? Erkenne sie den Unterschied überhaupt?
Nicht nur die Kinderbuchbranche steht vor einer Revolution, aber vor allem diese, die größtenteils von Bildern lebt. Und diese birgt sowohl Risiken als auch Chancen. Ob KI und menschliche Kreativität zu einer Symbiose finden oder in einen Wettbewerb geraten, wird von den Entscheidungen abhängen, die Verlage, Kreative und Leserinnen und Leser heute treffen.
KI im Kinderbuch: Chancen und Risiken für Selfpublisher
Die rasante Entwicklung der künstlichen Intelligenz (KI) hat aber nicht nur etablierte Verlage aufgerüttelt, sondern bietet auch uns Selfpublishern völlig neue Möglichkeiten – und stellt uns vor neue Herausforderungen. Für AutorInnen, die ohne die Unterstützung eines Verlags arbeiten, eröffnen sich Chancen, aber auch Risiken, die den kreativen Prozess und die Buchproduktion grundlegend verändern könnten.
Chancen: Demokratisierung der Buchproduktion
- Kostenersparnis bei der Buchgestaltung
Selfpublisher, die oft mit begrenztem Budget arbeiten, profitieren besonders von KI-Tools. Illustrationen und Cover, die früher mit hohen Kosten verbunden waren, können heute in Sekunden generiert werden. Das senkt die Einstiegshürde, vor allem für neue SelfPublisher. Ein KI-generiertes Cover kann auf den ersten Blick professionell wirken und hilft, Bücher visuell ansprechend zu gestalten. - Schnelligkeit und Effizienz
Während die Zusammenarbeit mit Illustratorinnen und Grafikdesignern Wochen oder Monate dauern kann, liefert KI in wenigen Sekunden Ergebnisse. Das beschleunigt die Produktionszeit erheblich und ermöglicht es Selfpublishern, schneller auf Markttrends zu reagieren. - Kreative Freiheit und Experimentieren
Mit KI können wir verschiedene Stile ausprobieren, ohne gleich ein ganzes Team engagieren zu müssen, und Kosten explodieren zu lassen. Von fotorealistischen Covern bis zu Illustrationen im Stil bekannter Künstler – die Vielfalt der Möglichkeiten ist nahezu unbegrenzt. - Unabhängigkeit von Verlagen
KI-gestützte Tools geben uns Selfpublishern die Chance, unabhängig von Verlagen gleichwertig hochwertige Bücher zu veröffentlichen, da wir ja auch Textkorrektur, Layout, Illustration und sogar Marketingmaterialien eigenständig erstellen können.
Risiken: Verlust von Individualität und ethische Fragen
- Fehlende Einzigartigkeit
KI generiert Bilder und Designs auf Basis existierender Datenbanken. Das Ergebnis: Es können Bilder entstehen, die anderen sehr ähnlich sehen oder bekannte Stile imitieren. Das birgt die Gefahr, dass die Werke von Selfpublishern austauschbar wirken – ein Problem, das besonders in der Kinderbuchbranche, wo Individualität entscheidend ist, kritisch sein kann. - Urheberrechtsverletzungen
KI-Programme werden oft mit Bildern trainiert, die ohne Zustimmung der Urheber verwendet wurden. Das kann Selfpublisher in rechtliche Grauzonen führen, wenn ihre Bücher durch KI-generierte Designs auf den Markt kommen. Die Nutzung solcher Bilder könnte rein theoretisch rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. - Abhängigkeit von Technologie
Wer sich zu stark auf KI-Tools verlässt, riskiert, eigene Fähigkeiten und den kreativen Prozess zu vernachlässigen. KI mag schnell und günstig sein, aber sie ersetzt nicht das Bauchgefühl, die Vision und die menschliche Intuition, die ein wirklich einzigartiges Buch ausmachen. - Skepsis der Leserschaft
Eltern, die Kinderbücher kaufen, legen oft großen Wert darauf, dass diese liebevoll und von Hand gestaltet sind. Ein KI-generiertes Buch könnte als seelenlos empfunden werden – und so die Verkäufe negativ beeinflussen. - Niedrige Einstiegshürde
Was zunächst nach einem Segen aussieht, kann leider auch ins Gegenteil umschlagen. Zwar macht uns KI vieles einfacher und günstiger, aber eben auch jedem anderen Menschen. Also wird der Wettbewerb ungleich größer und vor allem auch deutlich hochwertiger.
Chancen und Risiken im Gleichgewicht: Tipps für Selfpublisher
- KI als Werkzeug, nicht als Ersatz
Nutze KI, um den kreativen Prozess zu ergänzen, nicht zu ersetzen. KI kann erste Entwürfe liefern, die dann manuell überarbeitet werden, um eine persönliche Note einzubringen. - Transparenz schafft Vertrauen
Kommuniziere offen, wenn du KI-Tools eingesetzt hast. Erkläre eventuell den LeserInnen, wie du die Technologie genutzt hast und warum – das schafft Verständnis und Vertrauen. - Weiterbildung und Kreativität bewahren
Lerne die neuen Tools, aber vernachlässige nicht deine eigenen Fähigkeiten. Kombiniere traditionelle Techniken mit neuen Möglichkeiten, um einzigartige Bücher und Inhalte zu schaffen. - Rechtliche Absicherung
Achte darauf, nur KI-Programme zu nutzen, die rechtlich einwandfrei arbeiten. Informiere dich über Lizenzen und vermeide, geschützte Stile oder Werke zu kopieren.
Eine neue Ära der Möglichkeiten hat begonnen
Für uns Selfpublisher bietet die KI sowohl Chancen als auch Herausforderungen. Sie kann helfen, den kreativen Prozess zu vereinfachen und den Zugang zum Buchmarkt zu demokratisieren. Doch wer zunächst auf Qualität und Individualität setzt, wird vermutlich langfristig erfolgreicher sein.
